Das Spielen im Freien wiederentdecken
Laut Autor Roland Rödermund hat sich „der Bewegungsradius von Kindern in den letzten dreißig Jahren durchschnittlich um neunzig Prozent verkleinert“. Was beim ersten Hinhören schockiert, wirkt auf den zweiten Blick gar nicht mehr so überraschend. Heutzutage verbringen viele Kinder lieber ihre Zeit drinnen, auf dem Sofa, vor dem Fernseher oder an Computer, Tablet oder Handy. Wobei, ob sie es lieber tun, ist damit gar nicht gesagt. Sie werden nur eher dazu erzogen. Dabei sind die Bewegung und das Spielen im Freien für Kinder von elementarer Wichtigkeit. Und das nicht nur bei schönem Wetter.
Es gibt viele Gründe, weshalb das Spielen im Freien so gut ist für Kinder. Zum einen macht Draußenspielen bei Wind und Wetter gesund. Frische Luft kräftigt nicht nur unser Abwehrsystem, sie stärkt auch unsere Schleimhäute. Entgegen der Vermutung, man könnte sich draußen leichter erkälten, übertragen sich Erkältungsviren nämlich leichter in geschlossenen Räumen, vor allem bei trockener Heizungsluft. Durch den Wechsel zwischen warmer und kalter Luft wird außerdem das Immunsystem trainiert und der Körper lernt sich besser gegen Krankheiten zu rüsten. Solange Kinder also passend für das Wetter im Freien angezogen sind, können sie ziemlich sorgenfrei auch bei schlechterem Wetter in der freien Luft spielen. Dabei ist es wichtig, dass die Kleidung nicht nur warmhält, sondern auch atmungsaktiv und wasserabweisend ist. Schwitzen kann nämlich dazu führen, dass der Körper von außen ausgekühlt wird. Natürlich sollte auch für ausreichend Proviant und warme Getränke gesorgt werden, wenn ein längerer Ausflug in die Kälte geplant ist.
Das Spielen in der Natur macht aber nicht nur gesund, sondern auch stark. Durch das Balancieren auf Steinen, das Klettern auf Bäumen, Wettrennen und Weitsprünge im Freien werden neben dem Immunsystem auch „die Koordination und Muskulatur, de[r] Gleichgewichtssinn und die Schnelligkeit der Kinder“ stimuliert, so Rödermund. Das funktioniert im Freien durch den vielen Platz wesentlich besser als drinnen. Auch die Sehstärke des Kindes kann durch das Tageslicht positiv beeinflusst werden. Unsere mentale Ausgeglichenheit profitiert jedoch genauso von Zeit in der Natur, da dadurch Stress reduziert wird. Außerdem sorgt das viele Herumtoben an der frischen Luft für einen tiefen Schlaf danach.
Einflüsse auf den Geist
Nicht nur die physische und mentale Gesundheit werden durch das Spielen im Freien beeinflusst, auch die Entwicklung des eigenen Geistes. Zum Beispiel regt das Erkunden der eigenen Umwelt laut Rödermund die Ausprägungen solcher Eigenschaften wie Mut und Neugier an. Vor allem aber existiert draußen unendlich viel Raum, um der eigenen Fantasie freien Lauf zu lassen. Kinder lernen dadurch, allein mit Hilfe ihrer eigenen Vorstellungskraft Unterhaltung zu finden, wo sie zuvor vielleicht auf materielle Unterhaltungsangebote angewiesen waren. Oft verlangt diese Art des Spielens eine längere Konzentrationsfähigkeit. Diese wird in der Natur schon nach kurzer Zeit gesteigert. Das liegt wohl daran, dass draußen alle Sinne des Kindes angesprochen und trainiert werden.
Zuletzt bietet das Spielen im Freien natürlich auch den Vorteil, Kindern das Kindsein wirklich erlauben zu können. Gerade wenn Kinder, ob zu Hause oder in der Schule, dazu verwiesen werden über lange Zeit hinweg still zu sitzen und leise zu sein, kann das freie Herumtollen in der Natur einen enorm befreienden Charakter haben. Dort dürfen sie sich so viel bewegen und laut sein, wie sie wollen, ihre Freiheit genießen und ihrer Neugierde nachgehen. Dort dürfen Kinder Kinder sein.
Sie wollen auch gerne mehr Zeit mit ihren Kindern im Freien verbringen, wissen aber nicht so recht, was sie draußen machen sollen? Werfen Sie doch mal einen Blick in das Buch „Schaukelfee und Klettermax“ der Sozial-, Natur- und Bewegungspädagogin Alexandra Schwarzer. Darin finden Sie eine lange Reihe von Seilspielen, vom Knotenbinden, über das Schaukelbauen, bis hin zu ganz neuen und individuell gestaltbaren Spielideen.